Aufenthalt der Familie Reimund in Russland (Ukraine)
Was hat Vorväter unserer Familie dazu gebracht, nach Russland (Ukraine) zu gehen..
Die ganze Geschichte über die erste Deutsche in Russland hat der deutsche Schrifsteller Alfred Rambos in seinem Buch „Die ausdrucksvolle Geschichte des antiken und neuen Rußlands“ beschrieben.
„Iwan der Schreckliche", ähnlich Peter dem Großen, das Tor zu Europa öffnen wollte und neidisch auf die Häfen von Narva, Reval und Riga schaute, die unter der Macht des Livländer Ordens standen.
Ungefähr 1547 schickte Iwan den Sachsen Schlitte mit dem Auftrag los, die europäische (deutsche) Ingenieure und Meister nach Rußland einzuladen. Der wählte dafür etwa hundert Mann aus. Aber damit war die Eifersucht auf die Deutschen geweckt. Man fürchtete, daß Rußland, wenn es erst einmal zivilisiert war, kein machtvolles Land werden könnte. Der Livländer Orden bat Kaiser Karl V um die Erlaubnis, diese Fremden behalten zu dürfen, und alle von ihnen erreichten Moskau. Iwan der Schreckliche rief die Ausländer nach Rußland, und sie kamen...
Er erlaubte dem Dorpater Geistlichen Wettermann in Moskau zu predigen, hörte selbst die Predigten Eberfelds und gestattete, zwei Kilometer von Moskau entfernt, den Bau einer calvinistischen und einer lutherischen Kirche“
Das Rußland des XVI und XVII Jahrhunderts stellt sich uns als Oststaat dar, der keinerlei Beziehungen zu Europa besaß. Livländische Ritter, Polen, Schweden und Dänen begriffen, daß nur die Barbarei Rußlands das Land auf die niedrigste Stufe unter den schwächsten Nachbarn gestellt hatte, die eifersüchtig aufpaßten, daß aus dem Westen nur keine Menschen, Waffen und Wissenschaften das Land durchdrangen. „Indessen begann Rußland ein europäisches Staat zu werden“. Während der Regierungsziel des Zaren Michael erlangte der Westen bedeutenden Einfluß. In Moskau gab es mehr Ausländer, als irgendwoanders. Man kann sich denken, daß dies der Beginn des Auftauchens der ersten Deutschen im Wolgagebiet war“
In der Regierungszeit des Zaren Aleksej Michailowitsch (1676-1682) festigte sich der europäische Einfluß noch. Besonders bevölkerte sich Rußland damals mit Soldaten, die man aus dem Ausland geholt hatte, damit sie das Kommando über die russischen Regimenter fremdländischer Formation übernahmen: ... ein paar Generäle, bis zu hundert Oberste und eine ungeheure Anzahl Offiziere. 1684 zeigte der ausländische Meister Sommer Peter I die erste Schießerei mit Granaten, was später zu seinem Lieblingsvergnügen wurde.
Ich werde nie erfahren, aus welchem Grund sich unsere Vorväter entschieden in dieser Zeit auch nach Russland auszuwandern.
Während der Regierungszeit der Imperatorin Anna Johannowna „befand sich die Herrschaft in den Händen der Deutschen“. Die planmäßige Ansiedlung von Deutschen verwirklichte sich während der Regierungszeit Katharinas II (1762-1796), Pawels I (1796-1801) und Aleksanders I (1801-1825).
Durch die Zarewin Katharina II kam am 22. Juli 1763 ein Manifest heraus, in dem ausländische Staatsbürger dazu eingeladen wurden, sich in Rußland anzusiedeln.
Darin heißt es:
1. „Wir gestatten es allen Ausländern, in unser Imperium zu kommen, und sich in allen Gouvernements, wo es einem jeden gefällig, niederzulassen.
2. Wir gestatten allen Ausländern, die zur festen Ansiedlung in unser Imperium kommen, ungehinderte, freie Religionsausübung gemäß ihren Kirchensatzungen und Gebräuchen“.
3. „Keiner dieser zur Niederlassung in unserem Lande aus dem Ausland Eingetroffenen soll irgendwelche Abgaben entrichten, noch dazu gezwungen werden, gewöhnliche oder außerordentliche Dienste zu leisten“.
4. „Ausländer, die sich in Rußland niederlassen, sollen während der gesamten Zeit ihres Hierseins nicht wider ihren Willen zum Wehr- oder Zivildienst einberufen werden“. [4, S.4].
Und tatsächlich waren die Deutschen, die sich in den unbewohnten Gegenden niederließen, für die Dauer von 30 Jahren von Steuern befreit; in anderen Gegenden belief sich die Frist auf 10 Jahre. Grund und Boden wurde den Kolonisten als Eigentum „auf ewig“ überlassen, allerdings erbte für gewöhnlich der jüngste Sohn die Landanteile.
Die Einwanderer gründeten Kolonien in der Umgebung von Samara sowie an der Wolga. Die Besiedlung Rußlands durch deutsche bauern begann 1763 und zog sich bis zum Jahr 1842 hin.
Zwischen 1763 und 1768 ließen sich im Wolgagebiet etwa 8000 Familien mit einer Gesamtzahl von 27000 Seelen nieder. Auf der Bergseite (rechtes Wolga-Ufer) entstanden 45 Kolonien, auf der Wiesenseite (linkes (Wolga-Ufer) 57. Also sind die Wolga-Deutschen Ausgereiste aus Hessen, aber sie waren auch aus der Pfalz und aus Württemberg gekommen.
Die Umsiedler waren bemüht, auch in ihrer neuen Heimat Deutsche zu bleiben (Anhang 1). Deswegen behielten sie von Anfang an ihre religiösen Bräuche bei, hüteten ihre Muttersprache, ihre Traditionen und gaben sie an die nachfolgenden Generationen.
Die Schulen in den deutschen Siedlungen förderten ebenfalls die Wahrung der eigenständigen deutschen Kultur. Der Unterricht wurde in Deutsch abgehalten, und zwar bis zum Jahr 1891. Schulen und Kirchen wurden aus Gemeindegeldern gebaut.
Erst der Französisch-Preußische Krieg und die Bildung des Deutschen Imperiums gaben den Anstoß zur Abschaffung der „auf ewig“ geltenden Rechte und Privilegien. 1874 wurde auch die Wehrpflicht auf die Deutschen ausgeweitet. Während des Ersten Weltkrieges mußten sie als Sanitäter ihren Dienst tun.
Im Jahre 1923 wurde die Autonome Sowjetische Sozialistische Republik (ASSR) der Wolgadeutschen ausgerufen. Sie umfaßte 28,4 Tausend Quadratkilometer. Zentrum der Republik war die Stadt Engels. Die Bevölkerung bestand aus 605 600 Personen (nach anders-lautenden Angaben – ungefähr 400 000); der Anteil der deutschen Bevölkerung betrug 60,5%. Zu Beginn des Krieges 1941-1945 lebten in der ASSR etwa 1,4 Millionen Staatsbürger deutscher Nationalität. Die gewaltsame Umsiedlung der Deutschen aus dem europäischen Teil der UdSSR nach Sibirien und Kasachstan vollzog sich hauptsächlich im August 1941 bis Januar 1942.
Am 28. August 1941 gab das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR den Ukas über die „Aussiedlung“ der Deutschen aus dem Wolgagebiet heraus. Darin wurden die Rußlanddeutschen einer aktiven Unterstützung der deutschen Truppen beschuldigt. 34000 Wolgadeutsche wurden in Viehwaggons gepfercht und unter unmenschlichen Bedingungen nach Sibirien geschickt.
Wie im Archiv eingetragen ist, ist dem Teil unseren Vorvätern um die Jahr 1908 gelungen aus Russland über Amerika wieder zurück nach Europa zu kommen. Einigen Familienmitgliedern ist gelungen in Saratowo, mein Ur-Ur-Opa ist mit der seiner Familie in Odesa geblieben.
Meine erste Erinnerungen aus dem Jahr 1960 gehörte der Stadt Berdjansk, wo wir zu meinen Ur-eltern gekommen sind. Ich habe nie gefragt, weshalb oder warum.
Ich habe nie gewusst, aus welchem Grund ich jede Sommerferien in Algerien - In Immenas - verbracht habe, wo meine andere Oma lebte.
Es war für mich sowieso alles ein Rätsel, das sich erst viele Jahre später kapieren konnte.
Im Verlauf meiner Untersuchungen fand ich heraus, daß die Deutschen zum zahlenmäßig größten Ethnos auf dem Territorium der ehemaligen UdSSR gehören.
Die Geschichte des deutschen Volkes, das auf dem Territorium der ehemaligen Sowjetunion lebte, weist in vielerlei Hinsicht tragische und traurige Mekrmale auf.
Während ich am vorliegenden Thema arbeitete, nahm ich auch einiges an Literatur zur Hilfe, begegnete Menschen deutscher Nationalität, die bereit waren, ihre Erinnerungen mit mir zu teilen. die mir ihre Fotos, ihre Ehrenurkunden zeigten. Ich besuchte auch das N. Martjanow-Heimatkundemuseum in der Stadt Minusinsk, das Archiv und Zentrum der deutschen Kultur in der Siedlung Kuragino. Einige Fotos aus der Zeit unseres Lebens in Russland habe ich in Archiv meiner Familie gefunden, und stelle ich in dieser Homepage dar. Die Deutschen in Russland haben ihre nationale Kultur, ihre Sitten und Gebräuche, Sprache und Religion bewahrt.
Archiv-Dokumente
1. Wirtschaftsbuch des Dorfes Kotschergino. Archiv der Verwaltung des Dorfrates von ..Band 1, 1943 – 1945. Fond P-122, Verzeichnis 3, Akte N° 1
2. Rehabilitationsbescheinigungen ..N° 1/3 – 8587
3. Bescheinigung N° 852 über die Registrierung von Einwohnern deutscher Nationalität auf dem Territorium des Dorfes ..
4. Dokumente aus den Familienarchiven aus dem Bezirk Kamenka, Gebiet Saratow
Literaturangaben
1. I.A. Becher, A.J. Kaljuga. Zur Frage der Deportation der Sowjetdeutschen.
2. M. Bugaj, Kommentare. Moskau, Gotika-Verlag, 2000.
3. J.A. Brjuchanowa, Kalendarische Sitten und Gebräuche bei den Deutschen des XIX.
4. G. Wins. Deutsche in Rußland und der GUS 1763-1997. Moskau – Stuttgart, 1998.
5. W.O. Kljutschewskaja. Über die russische Geschichte.
6. Menschen und Schicksale. XX. Jahrhundert. Thesen aus Vorträgen und Mitteilungen der wissenschaftlich-praktischen Konferenz. Krasnojarsk, 2003.
7. Martjanowsker Heimatkunde-Lesungen. Minusinsk, 1999.
8. A. Rambo. Malerische Geschichte des alten und neuen Rußland.